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Die Zukunft als Geschäft.
Wird der Kampf gegen den Klimawandel in den Städten gewonnen? Ideen dafür gibt es viele – MINI hilft mit URBAN-X, sie umzusetzen.
Für Expert*innen steht fest: Geht es darum, dem Klimawandel wirksam zu begegnen, dann spielen die Metropolen dabei eine Schlüsselrolle. Und das nicht nur, weil die Mehrheit der Menschheit schon heute urban lebt und sich Asphalt und Beton bei ansteigenden Temperaturen stärker aufheizen als das ländliche Umland. Sondern auch, weil die Städte außerordentliche Potenziale für den erfolgreichen Kampf gegen Klimaveränderungen bieten. Das zeigt sich auch immer häufiger in der Arbeit von URBAN-X, dem 2016 von MINI gegründeten Start-up-Accelerator, die an Lösungen für eine größere Nachhaltigkeit des urbanen Lebens arbeiten. „Der Klimawandel wird für uns zunehmend zu einem zentralen Auswahlkriterium. Er ist die Linse, durch die wir fast jedes Start-up beurteilen, das sich um unsere Unterstützung bewirbt“, sagt Design Director Johan Schwind beim Gespräch in der URBAN-X-Zentrale im New Yorker Stadtteil Brooklyn.
Für die Mitarbeitenden, die am Schreibtisch arbeiten: Die Urban-X-Büros befinden sich im Newlab im Brooklyn Navy Yard. Eine Gemeinschaft von Expert*innen und Innovator*innen, die transformative Technologien einsetzen, um die größten Herausforderungen der Welt zu lösen.
2020 lebten rund 56 Prozent der Menschheit in Städten. Entsprechend hoch sind dort die klimaschädigen¬den Emissionen. Die Städte sorgen für gut 70 Prozent der globalen CO2-Emissionen. Berücksichtigt man allerdings, wie viele Menschen nicht nur dort wohnen, sondern auch arbeiten, fällt der Einfluss von Städten vergleichsweise niedrig aus. „Im Pro-Kopf-Vergleich ist der Ausstoß von Klimagasen hier deutlich geringer als in Vororten oder ländlichen Regionen“, sagt Schwind.
Design Director Johan Schwind steuert das Ideenmanagement von URBAN-X.
URBAN-X unterstützt Pionier*innen und Initiativen, die Ideen für umweltfreundliche Technologien entwickeln und forcieren – drei davon sollen hier vorgestellt werden.
Oonee-Gründer Shabazz Stuart schafft in New York diebstahlsichere Räume für E-Bikes und Scooter.
Da ist zum Beispiel Oonee, ein Start-up aus New York, das sich dem Ausbau der Mikromobilität mit Fahrrädern und Scootern verschrieben hat. „In New York City ist jede zweite Autofahrt kürzer als fünf Kilometer“, sagt Oonee-Gründer Shabazz Stuart, „das ist eigentlich die perfekte Distanz fürs Radfahren.“ Tatsächlich steigen die New Yorker aber gerade einmal für ein Prozent ihrer Wege auf ein Zweirad. Ein entscheidender Grund dafür sei so banal wie fundamen¬tal, so Stuart: Man könne Zweiräder fast nirgends in der Stadt problemlos abstellen, schon gar nicht diebstahlsicher. Tatsächlich wurde mehr als jedem Zweiten von denen, die trotzdem radeln, schon einmal das Fahrrad gestohlen. Darunter sind auch immer häufiger teure E-Bikes. Die Idee von Oonee: Das junge Start-up hat eine modulare Fahrrad¬garage entwickelt, die elektronisch gesichert und – dank Werbeflächen auf dem Modul – für die Mietenden kostenlos nutzbar ist. „Gelänge es uns, jede zweite Autofahrt in eine mit dem Fahrrad zu verwandeln, könnten wir die Emissionen der Stadt, die durch Mobilität verursacht werden, halbieren“, sagt Stuart. Ein Anfang ist bereits gemacht: Jersey City im Großraum New York fragte jüngst 30 Oonee-Fahrradgaragen an.
Für MINI – dessen Ur-Modell 1959 bekanntlich als kompakte und spritsparende Antwort auf eine Energiekrise entwickelt wurde – liegt es nahe, neue Ideen für den städtischen Raum zu fördern. „Es gibt nur wenige Programme, die solche Start-ups gezielt unterstützen, besonders wenn diese sich an komplexe Technologien wagen“, sagt Schwind. „MINI aber ist ja schon von der Idee her für das Leben im urbanen Raum gemacht, ganz zu schweigen von unserer Erfahrung mit Design und technischen Lösungen.“ Die müssen natürlich auch wirtschaftlich umsetzbar sein. Wie sich städtischer Klimaschutz und Wirtschaftswachstum vereinbaren lassen, zeigt etwa das Beispiel Kopenhagen: Seit 1990 hat Dänemarks Hauptstadt ihren Ausstoß an Klimagasen um mehr als 40 Prozent gesenkt, zugleich aber die Wirtschaftsleistung um rund 50 Prozent gesteigert.
Singularity-CEO Wenbo Shi und sein Team entwickeln eine App, mit der man den Bezug seines Stroms gezielt auf erneuerbare Quellen ausrichten kann.
Wie sich die notwendige Reduzierung der Emissionen vom Verbrauchenden selbst individuell steuern und beeinflussen lässt – daran arbeitet ein weiteres Start-up aus dem Portfolio von URBAN-X: Die US-Firma Singularity entwickelt Technologien, mit denen Stromkun¬d*innen über eine Software in Echtzeit kontrollieren können, aus welchen Quellen der von ihnen bezogene Strom stammt und wie viel CO2 bei seiner Produktion entsteht. „Je nachdem, wo der/die Betreffende lebt, ist das sehr unterschiedlich. Tagsüber wird vielleicht mehr Strom durch Solaranlagen erzeugt, nachts durch das Verbrennen von Erdgas“, sagt Wenbo Shi, Mitbegründer von Singularity. In einer Studie zeigte das Start-up auf, dass etwa Besitzer*innen von Elektroautos abhängig von ihrem Wohnort bis zu 43 Prozent Kohlendioxid einsparen können, wenn sie das Aufladen zeitlich so terminieren, dass die Energie bevorzugt aus erneuerbaren Quellen kommt.
Mehr als 70 Start-ups hat MINI mit URBAN-X bisher unterstützt. Neben einem sechsstelligen Förderbetrag (in Dollar) bekommen die Jungunternehmen für 20 Wochen Zugriff auf eine Expert*innengruppe aus Ingenieur*innen, Designer*innen und Programmierer*innen, die ihnen Hilfestellung dabei geben, Produkte und Dienste marktreif zu machen und Investor*innen zu finden. Jährlich bewerben sich mehr als 1000 Firmen um eine Aufnahme in das URBAN-X-Programm – nur 1,5 Prozent werden akzeptiert.
Kämpferin gegen das Einweg-Denken: Chantal Emmanuel arbeitet als Mitbegründerin von LimeLoop an der Entwicklung nachhaltiger Verpackungen, die bis zu 200-mal auf die Reise gehen – und nicht nach dem ersten Versand im Müll landen.
Ein Start-up, das es jüngst geschafft hat, ist LimeLoop. Das junge Unternehmen will die Kreislaufwirtschaft beim Verpackungsmaterial vorantreiben, das beim Onlineshopping in Unmengen anfällt. Laut einer Studie erzeugte allein Amazon im Jahr 2019 rund 211 Millionen Kilogramm Plastikmüll – darunter genug Luftpolsterkissen, um die Erde damit rund 500-mal zu umwickeln. Aber auch die vermeintlich umweltfreundlicheren Pappverpackungen fordern ihren Preis. LimeLoop hat errechnet, dass jährlich rund drei Milliarden Bäume gefällt würden, um Material für Schachteln und Kartons zu gewinnen. Die Idee des Start-ups: Versandhüllen aus recyceltem Vinyl und Baumwolle, die nicht nur einmal, sondern gut 200-mal verwendet werden können. LimeLoop hilft Versandfirmen außerdem, Systeme aufzubauen, über die sie Verpackungen von ihren Kund*innen zurückholen. „Durch das Wiederverwenden sind die Kosten mit denen für herkömmliches Verpackungsmaterial vergleichbar, wenn nicht sogar geringer”, sagt LimeLoop-Mitbegründerin Chantal Emmanuel. Über seinen gesamten Lebenszyklus spart jeder Recycle-Pack aber rund 65.000 Liter Wasser, 15 Liter Erdöl und mehr als einen Baum.
Hochrechnungen zeigen, dass bis zum Jahr 2050 weltweit jeden Monat gemittelt knapp sechs Millionen Menschen vom Land in die Stadt umsiedeln werden. In 30 Jahren werden rund zwei Drittel der Menschheit urban leben. Auch die Pandemie werde diesen Trend nicht umkehren, sagt Schwind. „Es ist großartig, dass jetzt mehr Menschen im Homeoffice arbeiten können, aber das heißt ja nicht, dass nun jeder aus der Stadt wegzieht.” Für Schwind, der selbst auf einer Farm aufwuchs, sind Städte Orte der Kreativität und Innovation. „Urban zu wohnen heißt, sich anderen Perspektiven und Ideen auszusetzen, Kultur und Wandel mitzuerleben. Darum werden die Städte Menschen auch nach Corona anziehen.“ Das macht Schwind gerade auch in Sachen Klimawandel Hoffnung. „Durch die zunehmende Vernetzung sind wir uns der negativen Dinge in der Welt oft hyperbewusst. Das kann überwältigend sein, und wir vergessen dabei leicht, dass auch viel Gutes geschieht.“ Was zum Beispiel? „Menschen reagieren auf Waldbrände, Überschwemmungen und andere Naturkatastrophen, indem sie es sich zur Aufgabe machen, Lösungen für diese Probleme zu suchen. Die Start-ups, die wir unterstützen, beweisen das.”