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Gastronomin mit ganzem Herzen
Warum es Sandra Forster immer wieder in ihre Heimatstadt München zurück zieht.
Wer in München innovativ und besonders essen gehen möchte, landet früher oder später in einem der Restaurants von Sandra Forster, die sich über die ganze Stadt verteilen. Ob im vietnamesischen Restaurant Charlie gleich bei der Isar, in dessen Keller sich ein angesagter Club befindet, im orientalischen Restaurants Kismet mitten in der Innenstadt nahe der Frauenkirche oder seit neuestem im lateinamerikanischen Restaurant und Club Blitz im Deutschen Museum – überall ist sie die Chefin. Wer in ihren Restaurants essen geht, dem kann es passieren, dass Forster selbst serviert. Am Wochenende kellnert sie nach wie vor oft selbst, nach fast zwei Jahrzehnten im Geschäft. Warum sie das immer noch tut? „Wenn du mitarbeitest, wirst du vom Personal extrem ernst genommen“, sagt sie.
Eine Sache ist Forster wichtig, wenn es um ihr eigenes Essverhalten geht: Seit rund 15 Jahren lebt sie vegetarisch. Kein Fleisch zu essen fällt ihr bis heute schwer, doch sie betont: „Ich möchte einfach keine Tiere essen. Ich finde das total unanständig. Ich will aber niemanden volllabern, dass er oder sie Vegetarier*in werden soll.“ Beim Vegetarismus stehen für sie weniger die Optimierung der Gesundheit oder das Streben nach einem Schlankheitsideal im Vordergrund, als vielmehr ethische Gründe wie der Schutz von Tieren und Umwelt oder die Welthungerproblematik, wie sie es formuliert.
Forsters beruflicher und bis heute höchst erfolgreicher Werdegang war keineswegs von Beginn an klar. Als allererstes eröffnete sie ein Tattoo- und Piercing-Studio. In die Gastronomie gelangte sie eher zufällig, erinnert sie sich, weil viele ihrer Freund*innen in dieser Branche arbeiteten. Dann, mit Mitte 20, eröffnete sie im Jahr 2000 ihr erstes Restaurant mit Bar Namens Hit the Sky. Quasi im Zwei-Jahres-Rhythmus folgten dann die nächsten raffinierten Scoops in der Münchner Gastronomieszene: 2003 das Café Zappeforster am Gärtnerplatz, 2005 das vegane Restaurant samt Club Zerwirk und 2007 das Café King, ebenfalls rein vegan. Außerdem führt sie bis heute das Rocklplatz, ein Ausbildungsrestaurant für sozial benachteiligte Jugendliche. 2008 veröffentlichte sie außerdem ein veganes Kochbuch.
Alle Konzepte kamen und kommen bei ihren Gästen durchweg sehr gut an, denn Forster hat ein Gespür dafür, Subkultur und hervorragende Küche miteinander zu verbinden. Ihre Ausbildung als Köchin und Restaurantfachfrau absolvierte sie mit Mitte 30. Zu diesem Zeitpunkt war sie bereits viele Jahre erfolgreich selbständig.
Woher nahm sie den Mut, sich eine eigene Existenz aufzubauen? „Ich bin grundsätzlich kein ängstlicher Mensch“, erzählt sie. 1974 in München geboren und aufgewachsen, ist sie der bayerischen Landeshauptstadt bis heute treu geblieben. Auch wenn sie leidenschaftlich gern reist kann sie sich nicht vorstellen, je wegzuziehen. “Ich bin schon sehr heimatverbunden“, sagt sie. „Ich bin viel auf dem Land draußen und in den Bergen. Da geht mir das Herz auf.“ Deshalb wohnt sie auch nur rund 50 Meter von der Isar entfernt. Mit ihrem Hund geht sie dort immer morgens spazieren, egal, bei welchem Wetter.
Für sie bietet ihre Heimatstadt viel: „München kommt immer mehr aus dieser Provinz-Realität heraus. Ich habe viele schöne Städte gesehen und viele tolle Länder bereist, aber ich wollte immer wieder zurückkommen. Ich bilde mir schon ein, einen internationalen Vergleich zu haben. Da kann München absolut mithalten.“ Wenn sie sich tatsächliche eine Stadt als alternativen Wohnort aussuchen müsste, würde ihr Wahl auf Barcelona fallen: „Ich mag Städte, die einen Strand haben.“
Forster hat mittlerweile zwei Kinder – ihre kleine Tochter ist gerade 14 Monate alt und kommt nun zu einer Tagesmutter, ihr Sohn wird bereits im Kindergarten betreut. Sie hat ihr Wochenpensum deshalb aber nicht reduziert. Normalerweise kommt sie in der Woche auf 60 Stunden. Was ihr bei der Organisation ihres Alltags half: „Mein Mann und ich können uns da immer ganz gut aufteilen, weil er auch selbständig arbeitet.“ Die Trennung zwischen Arbeit und Freizeit gibt es bei ihr sowieso nicht: „Ich sehe das nicht so: Ich gehe jetzt in die Arbeit, bei mir ist das in mein Leben eingewebt.“
Die Gastronomie ist immer noch eine männerdominierte Branche, sagt Forster, ergänzt aber gleich: „Ich habe das Glück, dass ich in meinem Mikrokosmos überhaupt keine Chauvi-Männer habe.“ Was sie stört: Das Auftreten von Frauen und Männern wird ganz unterschiedlich wahrgenommen: „Wenn Frauen fordernder, wütender oder aggressiver werden, was sich auch in der Stimmlage äußern kann, heißt es immer sofort ‚die ist total zickig oder überfordert.‘ Bei Männern ist das total normal.“ Gleichzeitig ist sie aber der Meinung, dass „Frauen sich wirklich oft trauen müssen, einfach mal Tacheles zu reden und die Stimme zu erheben.“
Welches Projekt schwebt Sandra Forster, die schon so viele spannende Ideen realisiert hat, als nächstes vor? „Mein Lebensplan ist schon, hoffentlich immer wieder neue Sachen machen zu können. Wobei ich schon jetzt das Glück habe, dass ich wenige Dinge tun muss, auf die ich keine Lust habe,“ freut sie sich.
Text: Annette Walter
Fotos: Manuel Nieberle